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Flüchtlinge, an der Grenze nach Ruanda 1996

+++date:11-16-96 +++place: ntarama church ruanda +++time: 0400 p.m.


Mord in Ruanda

NTARAMA KIRCHE RUANDA .- Seltsam eigentlich: Die Kleidung hält sich länger als die Körper. Auf einem langen Brett auf der Seite liegen T-Shirts, Jeans und bunte Tücher: Verbacken zu einer riesigen Masse aus blassen Stoff, wie mit Kunstharz übergossen. Die meisten Gebeine sind inzwischen beerdigt, in einem Massengrab. Insgesamt, so sagt man, sollen in der Ntarama Kirche 5000 Menschen ermordet worden sein. Vor allem Tutsi Frauen und Kinder. Sechs Stunden lang sollen Hutu-Milizen am 15. April 1994 in die Kirche hineingeschossen haben.

Man sagt, zum Schluß hätten die Schlächter ihre eigenen Kinder zu den Sterbenden geschickt, um die letzten mit Macheten töten zu lassen. Etwas abseits der Kirche liegen nun um die 800 Schädel aufgereiht unter Plastikplanen. Etwa 800 000 Menschen wurden 1994 in Ruanda ermordet - in nur 100 Tagen. Die Menschenjagd der Hutu-Milizen war gut organisiert. Zu den Mordaufrufen des Radiosenders Milles Collines lief Musik. Es ist das furchtbarste Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit dem Holocaust und den Killing Fields von Kambodscha. Nachmittags gegen vier regnet es im Dschungel von Ruanda.




Flüchtlingsdrama in Goma

Nach langen Wochen gelingt es den Tutsis die Lage in Ruanda unter ihre Kontrolle zu bekommen. Die Hutus fliehen aus Angst vor Rache nach Westen, ins benachbarte Zaire (heutigem Kongo). Unbeteiligte Frauen, Kinder sind genauso auf der Flucht, wie die gefürchteten Interahamwe-Milizen. Es entstehen riesige Lager nahe der Grenzstadt Goma mit mehreren hunderttausend Menschen. Schnell wird hier die humanitäre Lage unhaltbar. Hilfsorganisationen und das UNHCR bringen Lebensmittel in die Lager. Doch kaum ist die größte Not überwunden, organisieren die Interhamwe-Milizen Angriffe aus den Lagern heraus auf die Tutsis in Ruanda. Um die Angriffe zu stoppen unterstützt die Tutsi-Regierung nunmehr eine Gruppe von Kongo-Rebellen um Laurant Desire Kabila. Diese Rebellenallianz marschiert im November 1996 in die Lager ein - viel später sollte klar werden: Dies ist der Anfang einer neuen Kongokrise...


Nach einem kurzen Artilleriegefecht sind die Interhamwe Milizen aus dem Mugunga Camp westlich von Goma geflohen. Im Lager herrscht Ratlosigkeit. Können die Hutus dem Rückkehrangebot der Tutsis trauen? Etwa 750 000 entscheiden sich für die Rückkehr nach Ruanda. Eine schwer zu schätzende Zahl an Menschen flieht weiter nach Westen - in den Dschungel des Kongos.

Auf dem Rückweg nach Osten, nach Ruanda kommen die Flüchtlinge an einem gefallenen Interhamwe Milizionär vorbei.

Aufregung im Hauptquatier der Rebellen. Die Allianz um Warlord Kabila will keine Franzosen mehr auf ihr erobertes Territorium lassen. Sie stehen in dem Ruf die Hutus zu unterstützen.

Warten auf neue Opfer des Krieges. Die Ärzte in der Klinik von Goma haben seit Tagen nicht geschlafen.

Zu der seltsamen Logik dieses Konfliktes gehört der Glaube, man könne Hutus und Tutsis an ihrem äußerem unterscheiden. Hutus - Ackerbauern aus Zentralafrika - sagt man nach kleiner zu sein, mit einem runden Gesicht und einer "Büffelnase". Tutsis - Viehhirten aus dem Norden Afrikas - seien eher gross und hätten eine längliche Nase. Unglaublich: Diese einfache Klassifizierung machte den Massenmord an den Tutsis in Ruanda erst möglich.


Der Weg vom Mugunga Camp nach Westen führt ins Nichts. Vor den Flüchtenden liegt der endlose Dschungel. Bis heute ist der Verbleib von zehntausenden Flüchtlingen unklar. Es gibt Gerüchte - aber keine unabhänigigen Quellen. Die Rede ist von Tutsi-Masakern an den fliehenden Zivilisten und Interhamwe Milizen. Das Bild zeigt Flüchtlinge auf dem Weg nach Ruanda

Unklar ist auch: Wie konnte die kleine Rebellenallianz um Laurant Desire Kabila bis nach Kinshasa kommen - hunderte von Kilometern entfernt - und dann den Diktator von Zaire Mobutu stürzen? Schwarzafrika ist hochinteressant für Unternehmungen, die Bodenschätze erschliesen wollen.

Kongolesische Inlandsflüchtlinge erreichen den Hafen von Goma. Diese Menschen sind vor den Kämpfen aus Sake, einer kleinen Stadt westlich von Goma geflohen. Hundert Jahre, nach dem Josef Conrad sein Buch "Herz der Finternis" geschrieben hat herrscht auf dem literarischen Schauplatz das Chaos.




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